Umgang mit dem Ungewissen

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Im Gespräch mit Dr. Maja Storch über den Umgang mit dem Ungewissen.

Nicht vorhersehen zu können, was als Nächstes passiert, bedeutet für einige Menschen eine Form von Freiheit und Abenteuer - andere wiederum versetzt es in Angst und Schrecken. In Zeiten wie diesen ist ein entspannter Umgang mit dem Ungewissen eine große Ressource - aber wie setzen wir sie frei? Wir sprachen darüber mit unserer life lessons Dozentin Dr. Maja Storch.

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Die Diplom-Psychologin und Psychoanalytikerin Dr. Maja Storch hat gemeinsam mit Dr. Frank Krause vor über zwei Jahrzehnten das Zürcher Ressourcen Modell - kurz «ZRM»® entwickelt. Ein weit verbreitetes, universell einsetzbares, wissenschaftlich sehr gut belegtes und besonders zeiteffektives Selbstmanagement-Training, das mittlerweile als moderner Klassiker gehandelt wird.

Sag mal Maja, Ungewissheit über die Geschehnisse der nahen und fernen Zukunft wird von Menschen oft als etwas Negatives empfunden, sie sehnen sich nach planbaren Abläufen und Mustern. Wie bewertest Du selbst diesen Zustand?

Ich persönlich mag das auch nicht besonders, nicht zu wissen, wie es weiter geht. Allerdings hilft mir bei dem Umgang mit so einer ungewissen Situation die Tatsache, dass ich mich schon lange mit dem Thema beschäftige. Aus wissenschaftlicher Sicht unterliegt der Mensch sowieso einer Kontrollillusion. Man glaubt, man könne das Leben planen.

Das stimmt aber nicht. Wir können lediglich mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. Denk doch mal nach: den neuen Job, den neuen Mann, die neue Wohnung - hast Du das durch geplantes Vorgehen erworben oder durch sogenannte „Zufälle“? Ganz viele wichtige Weichen im Leben werden durch Veränderungen in die Wege geleitet, die wir nie geplant hatten. Auch Krankheiten oder Unfälle gehören hier dazu.

Aufgrund von wechselnden Lockdown-Regelungen und Zeiträumen ist aktuell nur wenig vorhersehbar, von der Jobsituation über Kinderbetreuung bis hin zu Reisen und Familientreffen. Welche Techniken des Zürcher Ressourcen Modells sind in der Arbeit mit Klient:innen besonders hilfreich, um sie im Umgang mit dieser neuen Form von Ungewissheit zu unterstützen?

Das Wichtigste in ungewissen Zeiten ist, den sogenannten Selbst-Zugang zu erhalten. Diese Systematik stammt von dem Persönlichkeitspsychologen Julius Kuhl. Seine PSI Theorie haben wir in mehreren Büchern mit dem ZRM verbunden, PSI und ZRM ergänzen sich ideal. Wesentlich ist ja die Kompetenz, kreativ zu bleiben und sich weder lähmen noch stressen zu lassen.

Die Kreativität erzeugt das Selbst. Die Bilderwahl-Technik und das Entwickeln eines Motto-Ziels sorgen dafür, dass ich Zugang zum Selbst bekomme und auch in Krisenzeiten meine Gelassenheit und Kreativität bewahren kann. Auf www.zrm.ch findet sich ein kostenloses Online-Tool, wo man sich solch ein Motto-Ziel in einer Basisform online selber bauen kann.

Nun sind von den Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht nur unsere Klient:innen, sondern auch wir selbst in beratenden und helfenden Berufen betroffen und dadurch möglicherweise weniger belastbar, als diese Art der Arbeit es oft verlangt. Hast Du Tipps, wie Therapeut:innen und Berater:innen zusätzliche eigene Ressourcen aktivieren können, um gut durch die nächsten Monate zu kommen?

Ja klar, wenn ich anderen Menschen helfen soll, muss ich irgendwie ein wenig mehr an Ressourcen haben, die ich dann abgeben kann. Allerdings sollte man sich keine Sorgen machen, wenn man selber auch mal einen Durchhänger hat.

Ich selber bin jetzt in der ganzen Zeit auch nicht jeden Tag ein strahlendes Sonnenscheinchen. Wenn noch das trübe Winterwetter dazukommt und Lichtmangel, gekoppelt an chronische Ungewissheit, dann kann man schon mal schlechte Tage haben. Das ist doch völlig menschlich! Und außerdem verstehen wir unsere Klienten besser, wenn wir selber erlebt haben, wie sich diese Sorgen anfühlen.

Aber wenn man Selbstmanagement gelernt hat, dann wendet man eben die Methoden, die man anderen beibringt, am besten auch auf sich selber an. Das heißt in meinem Fall: Ein Motto-Ziel bauen und vor allem viel mit Embodiment arbeiten. Diese diffuse negative Affektlage wird sehr gut über körperliche Interventionen gebessert.

Zusammen mit zwei anderen Autor:innen habe ich ein Buch über spirituelles Embodiment geschrieben. Je schlimmer sich die Welt „draußen" gestaltet, desto hilfreicher kann es sein, zuverlässigen Zugang zur eigenen Spiritualität zu haben. Ich habe es da als Organistin, die regelmäßig in Gottesdiensten spielt, vergleichsweise einfach. Eine Stunde auf der Orgel möbelt mich zuverlässig wieder auf.

Vielen Dank für Deinen Input, liebe Maja!

Dr. Maja Storch über ihren life lessons Kurs: „Man kann mir bei den life lessons beim Arbeiten über die Schulter schauen und dabei viel über die zahlreichen Variationen und die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten des Zürcher Ressourcen Modells lernen. Die handwerklich fabelhaft produzierten Filme sind eine Fundgrube für alle Profis, um das eigene Repertoire zu erweitern."

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